DAS GELD IST NIE WEG, ES IST IMMER WOANDERS
Teil 1: Der tolle Fanshop, der uns gar nicht gehört
Weihnachten steht vor der Tür und im Dynamo Fan- & Onlineshop wird wieder mächtig die Kasse klingeln. Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn der Fanshop dieses Jahr nicht abermals einen neuen Rekordumsatz hinlegen würde. Einerseits ist es nach all den Seuchenjahren schön anzusehen, dass Dynamo wieder „cool“ und im Stadtbild angekommen ist. Aber wusstest Du eigentlich, dass unser Verein sein Tafelsilber längst verscherbelt hat und von all den Fanartikelumsätzen nur noch einen Bruchteil bekommt?
Um zu verstehen, wie es überhaupt dazu gekommen ist, müssen wir mehr als ein Jahrzehnt zurückblicken…Anfang der 2000er Jahre feiert Deutschland das „Fußballmärchen“ — die WM 2006 im eigenen Land. Das alte RHS war zwar bei Nostalgikern beliebt, hatte mit Profifußball aber überhaupt nichts mehr zu tun. Im Gegenteil: Die marode Bude wurde jedes Jahr zum ernsthaften Problem bei der Lizensierung. Die Stadt Dresden hatte die Chance der Fördergelder rund um die WM damals verpennt und sich nicht als Austragungsort beworben. Dynamo hatte sowieso kein Geld und so kam es, dass Fußball-Dresden schon ganz bald ein neues Stadion benötigte und die Landeshauptstadt die Kosten dafür allein stemmen sollte. Nach langem Hin und Her wurde sich für ein Ersatzneubau an der Lennéstraße 12 entschieden — dem heutigen „neuen RHS“.
Was wohl auch nur in Dresden funktioniert: Das Stadion wurde erstmal gebaut, ohne im Vorfeld konkret über die späteren Mietkonditionen der SGD zu sprechen. Das ist auch heute noch der Grund für die alljährlich wieder aufkommende Diskussion über die notwendigen Mietzuschüsse der Stadt Dresden an die Stadion-Betreibergesellschaft, damit Dynamo Dresden eine marktübliche und wettbewerbsfähige Miete für das Stadion zahlen darf/will/kann/muss. Die Schuld dafür allein auf die Stadt abzuschieben wäre aber nicht gerecht, denn es waren die letzten Auszügler der „wilden Jahre der SGD“, in denen die Kohle grundsätzlich immer weg war und entsprechende Freigeister die Verantwortung im Verein getragen haben. Als das Stadion fertig gebaut war, stand der Verein sportlich zudem eher an der Grenze von der 3. zur 4. Liga als mit Blick in Richtung Profifußball.
Und so kam es auch, dass in der Saison 2009/10 keinerlei Geld für den Ausbau der neu geschaffenen Fanshop-Rohbau-Flächen im „neuen RHS“ eingeplant waren und die ganze Merchandising-Abteilung des Vereins kurz vor der Stadion-Neueröffnung noch schnell an eine externe Dienstleistungsfirma ausgelagert werden musste, weil man „mal kurzfristig“ Hilfe brauchte. Achso: Natürlich gab es außerdem auch wieder eine sechsstellige „Prämie“ für die Unterschrift unter den 5‑Jahres-Vertrag, welche ebenfalls bereits für die nächste Lizenz einkalkuliert war. Seit diesem Tag vor 15 Jahren bekommt die SGD nun nur noch 20–25% Umsatzbeteiligung der erzielten Merchandisingumsätze und mit Sub-Unternehmen wird heute sogar noch weiter getrickst, um diese Beteiligung zu drücken.
Der ursprünglich nach fünf Jahren auslaufende Vertrag wurde dann im Jahr 2014 von den Geschäftsführern Ralf Minge & Ralf Gabriel noch einmal um weitere fünf Jahre verlängert. Die „wilden Jahre der SGD“ waren da zwar schon so langsam vorbei, aber noch immer drückte vor allem das millionenschwere Kölmel-Darlehen aufs Gemüt der SGD. Diese ewige Baustelle konnte im Jahr 2015 dank Sonderumlage(n) der SGD-Mitglieder endlich gelöst werden! Und so richtete der damalige GF Robert Schäfer danach auch den Blick zurück auf die Fanshop-Problematik und bat die Mitglieder auf der Mitgliederversammlung im Jahr 2015 um Zustimmung, die externe Merchandisingfirma nun wieder Schritt für Schritt zurückzukaufen. Die entsprechende Zustimmung wurde ihm im Rahmen der Mitgliederversammlung erteilt, doch Schäfer selbst zog schon nach kurzer Zeit weiter zu Fortuna Düsseldorf und die SGD war erst einmal wieder mit der nächsten GF-Suche beschäftigt.
Auf Robert Schäfer folgte Michael Born als neuer Geschäftsführer mit der Kampfansage vom Aufsichtsrat, dass man die ausgelagerten Geschäftsfelder (Fanshop, Sportfive, Catering, etc.) in den kommenden Jahren zurück zum Verein holen wolle. Bornemann tat jedoch erstmal das Gegenteil, schob das Thema erneut ganz nach hinten auf dem Schreibtisch und verlängerte den auslaufenden Fanshopvertrag frühzeitig sogar noch ein weiteres Mal um mehrere Jahre, bevor er mit der Begründung „dass er die strategischen Ziele des Vereins nicht voranbringt“ vom Aufsichtsrat wieder vor die Tür gesetzt wurde. Das Stühlerücken in der Geschäftsführung ging wie gewohnt fleißig weiter: Auf Micha Born folgte nun 2021 mit viel Vorschusslorbeeren Jürgen Wehlend. Auch Wehlend trieb den Fanshop-Rückkauf zunächst wieder voran und ließ sich den 2017er Mitgliederbeschluss zum Rückkauf im Rahmen seiner ersten Mitgliederversammlung sogar noch einmal mit 99% Zuspruch der Mitglieder bestätigen.
Das Ziel, das Fanshop-Tafelsilber nach über einem Jahrzehnt endlich zum Verein zurückzuholen, schien im Jahr 2021 so nah wie lange nicht mehr. Doch schon ein Jahr später sah die Welt erneut anders aus: Auch Wehlend war am mysteriösen Magnetfeld zwischen Enderstraße und Walter-Fritzsch-Akademie hängen geblieben und hatte den Tatendrang in seinem Arbeitsalltag verloren. Während er selbst immer mehr mit Abwesenheit glänzte, wurde seine Arbeit von externen „Beraterfirmen“ aus dem Westen erledigt. Da diese „Berater“ sich den Job entsprechend gut bezahlen lassen, haben sie eigentlich auch kein Problem mit den anderen Dienstleistern im Dynamoland, die die Kohle aus dem Verein herausziehen. Man befand sich sozusagen in guter Gesellschaft. Nachdem Wehlend sich 24h vor der MV 2022 krankgemeldet hatte und bekannt wurde, dass er das Fanshop-Thema ein Jahr lang überhaupt nicht mehr angefasst hatte, erfolgte spontan sofort eine Spendensammlung im Saal für den Rückkauf. Auch wenn sie medial verschwiegen wurde, hatte die Aktion dennoch Erfolg: Die SGD hat auf Druck der Mitgliedschaft stolze sechs Jahre nach dem eigentlichen Mitgliederbeschluss (2017!) im Sommer 2023 nun endlich die ersten 50% an der externen Fanshop-GmbH für lächerliche 12.500 € zurückgekauft. Das Ende des „Baron von Elbflorenz“ ist bekannt — Wehlend wurde nach 3,5 Jahren gegangen und zog schon bald weiter an die Ostsee. Keine Angst: Wir nähern uns dem Status quo.
Auf Jürgen Wehlend folgte nun also David Fischer als Geschäftsführer und darüber hinaus besitzt die SGD neben einer gewöhnungsbedürftigen Schiebermütze im Jahr 2024 nun zum ersten Mal überhaupt drei Geschäftsführer, um sich allen strategischen Fragen zu widmen, und hat stolze +10 Mio. € Eigenkapital auf dem Konto liegen. Wenn man den sportlichen Part mal ausgeklammert, sind die Krisenjahre bei schwarz-gelb nun also wirklich endlich vorbei. Jubel! Und was machen erfolgreiche Firmen?! Richtig, sie holen sich ihr Tafelsilber zurück…und trotzdem würden wir diesen langen Text hier nicht schreiben, wenn es nicht schon wieder an irgendeiner Stelle klemmen würde.
Der anfängliche Tatendrang ist auch beim aktuellen 3er-GF-Gespann erneut ausgebremst. Statt damit zu beginnen, eigene Merchandise-Strukturen in der Geschäftsstelle aufzubauen, scheint man abermals Gefallen daran gefunden zu haben, dass man beim Merchandising fürs Nichtsmachen zwar ein großes Stück vom Kuchen abgeben muss, die Kohle aber dennoch zum Fenster reingeflogen kommt. Und so gibt es erneut Gedankenspiele den vollständigen Fanshop-Rückkauf abermals auf die lange Bahn zu verschieben und den nunmehr bereits 15 Jahre alten Vertrag mindestens noch einmal bis zur Volljährigkeit zu verlängern.
Derweil reibt sich am anderen Ende der Stadt natürlich auch der Dienstleister, wie all die Jahre zuvor, die Hände, denn mit jedem Jahr mehr, jeder weiteren Store-Eröffnung in Kaufpark, Elbepark, Karstadt & Co, sowie dem Fanshoplager im Stadion und jedem Euro mehr Umsatz wird der vollständige Rückkauf der letzten 50% immer teurer und teurer. Und außerdem hat man ja auch hier schon lange kapiert: Nächstes Jahr sind wieder Aufsichtsratwahlen im Verein, dann kommt ein neuer Aufsichtsrat, dann kommt vielleicht bald der nächste GF und das Spiel geht noch ewig so weiter…
Deshalb sagen wir: Schluss mit lustig! Wenn wir die Bude jetzt als Drittligist mit drei GFs und über 10 Mille auf dem Konto nicht zum nächstmöglichsten Zeitpunkt zurückholen, dann werden wir es auch in den nächsten 5, 10 und 15 Jahren nicht tun!! Deshalb müssen wir alle gemeinsam Zeit, Kraft und Nerven investieren und kurzfristig schlimmstenfalls auch mal ein Jahr Geld verlieren, als noch mehr Vertrauen und Identität.
Anderenfalls können wir den Vertrag auch gleich um 20 Jahre verlängern und setzen nach den SORAD-Verträgen der 90er Jahre und dem Kölmel-Darlehen der Jahrtausendwende noch einen weiteren Namen in die Geschichtsbücher des Vereins, bei dem man später die Augen verdrehen wird und fragt: „Wie konnte das denn damals passieren?“
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Disclaimer: Wenn in der Überschrift “Teil 1” steht, dann gibt es natürlich auch noch genügend Gesprächsstoff für weitere Teile. Ob und wie weit wir das Buch öffnen, liegt im Wesentlichen an den anstehenden Entscheidungen in den nächsten Wochen bis zur MV am 16.11.2024.
